Christina M. Erdmann

Meine Devise lautet "Umweltschutz ist Menschenschutz", denn wenn wir die Natur nicht schützen, werden auch wir Menschen über kurz oder lang untergehen.
Von Zeit zu Zeit werde ich nun hier einige meiner Gedanken zum Thema wiedergeben.
Den Anfang macht ein Artikel zum Thema "Lichtverschmutzung", weil mir dieses Problem ganz besonders am Herzen liegt.


Dunkelheit gehört zum Leben!
Christina M. Erdmann

Ganz gleich, welchem Glauben man angehört, einer der großen oder kleinen Religionen oder der Wissenschaft, eines ist allen gleich gewiss: Das Leben auf der Erde spaltet sich in Tag und Nacht, in Dunkelheit und Licht.
Die Verteilung auf der Erde ist da sehr unterschiedlich. Manche Gegenden haben mehr Licht als andere, doch wohl kein Ort auf dieser Welt kann (und muss) gänzlich ohne Licht auskommen.
Anders scheint es mit der Dunkelheit zu sein. Wir Menschen brauchen Licht, um uns zurecht zu finden. Aus diesem Grund hat man auch immer nach Möglichkeiten gesucht, die Nacht zu erhellen. Kerzen, Fackeln, Talglichter... sie alle dienten dem Menschen jahrtausendelang als Lichtquelle. Abgelöst wurden sie irgendwann durch Öl- und Gaslampen und schließlich durch das elektrische Licht. Während das Feuer stets nur einen kleinen Kreis erhellen konnte, hinter dem es weiterhin dunkel blieb, haben wir heute die Möglichkeit, die Nacht mit Licht weitestgehend zu durchdringen. Und davon machen wir reichlich Gebrauch. Kaum noch ein Ort auf der Welt, in dem wirklich Dunkelheit gegeben ist. Bilder aus dem Weltraum zeigen uns, wie hell erleuchtet die Erde auch des Nachts ist. Ein sehr schöner Anblick, einerseits. Doch auch sehr erschreckend.
Licht und Dunkelheit waren über Millionen von Jahren feste Bestandteile des Lebens auf der Erde. Welche Folgen erwarten uns, wenn die Dunkelheit heutzutage immer mehr schwindet?
Da ist zum einen die Energieverschwendung. Auch noch so stromsparende Lampen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kraftwerke benötigt werden, um sie zu betreiben. Das kostet Geld und geht zu Lasten der Umwelt. Je mehr Lampen, desto höher der Energiebedarf, das dürfte jedem einleuchten.
Seit einigen Jahren ist das Thema Energiesparen vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die Bürokraten in Brüssel haben sich hierzu ein ganz besonderes Mittel überlegt, um Energie zu sparen. Sie verboten vor wenigen Jahren die Glühlampe, die uns zuvor über hundert Jahre treu begleitet hatte.
Zugegeben ist der Energieverbrauch einer herkömmlichen Glühlampe im Verhältnis zur Leistung sehr hoch. Doch sollte man sich auch überlegen, wie viel des nächtlichen Lichts von Privathaushalten ausgeht. Hell erleuchtete Innenstädte, mit Scheinwerfern angestrahlte Kirchen und Gebäude, beleuchtete Industrieanlagen, ganz nachts beleuchtete Schaufenster in menschenleeren Fußgängerzonen, Licht- und Laserkunstinstallationen, Neonreklamen und an allen Ecken Straßenlaternen, die jeden Winkel erleuchten, selbst wenn dort niemand spazieren geht oder -fährt. Sie verbrauchen weit mehr Energie als die (wenigen) Glühlampen, die unsere Häuser und Wohnungen erhell(t)en. Und sie sind auch das eigentliche Problem der sogenannten Lichtverschmutzung – der „Verschmutzung“ der Nacht durch Licht.
Neben der Energieverschwendung hat diese Lichtverschmutzung auch Auswirkungen auf die Umwelt. Ganz gleich, ob man glaubt, dass ein Gott oder eine Göttin die Welt erschaffen hat oder man allein der Evolutionstheorie folgt, eines ist gewiss: die Nacht ist nicht tot oder unbelebt, sondern bietet zahlreichem Leben einen Raum und Schutz.
Nachtaktive Insekten und Zugvögel leiden zum Beispiel sehr unter der Lichtverschmutzung. Vögel können nicht mehr richtig navigieren, verfliegen sich oder fliegen in hellerleuchtete Häuser und verletzen sich oder sterben.
Viele nachtaktive Käfer orientieren sich am Licht des Mondes, um ihre Nahrungsquellen zu finden. Wenn nun der Mond in Form einer Gartenlaterne daherkommt, ist der Käfer in seinem Licht „gefangen“. Er findet den Weg vom „Mond“ weg nicht mehr und muss qualvoll verhungern. Oder er landet im offenen Licht einer anderen Lampe oder gar in einem Insektenvernichter.
So ergeht es auch jenen nächtlichen Fliegern, die um eine Straßenlaterne kreisen. Angezogen von dem hohen Blauanteil in den (meist) weißen Straßenlaternen, verlieren die Insekten ihren eigentlichen Weg aus den Augen. Eine Studie aus dem Jahr 2000 ergab, dass in einer einzigen Sommernacht rund 150 Insekten in einer Straßenlaterne sterben. Hochgerechnet auf 6,8 Millionen Straßenlaternen macht das über eine Milliarde tote Insekten pro Nacht. Weitere Lampen an Häusern oder Wegen sind dabei noch gar nicht mit einberechnet (vgl. www.wikipedia.org/wiki/Lichtverschmutzung).
Zwar werden heute vermehrt Lampen mit einem hohen Gelbanteil eingesetzt, der die Insekten nicht mehr so stark anzieht, doch das hilft noch lange nicht, dass Problem zu lösen.
Nun gibt es leider immer noch viele Menschen, die meinen, es wäre nur lästiges Ungeziefer, dass so verschwindet. Mal abgesehen davon, dass jedes Leben seine Berechtigung hat, erfüllen Insekten jedoch eine wichtige Funktion im Kreislauf des Lebens. Sie bestäuben die Pflanzen, tragen so zu deren Wachstum und Verbreitung bei und dienen nicht zuletzt anderen Tieren als Nahrung. Tieren, die wiederum dafür sorgen, dass es zu keiner Insektenplage kommt, die dann unserem Leben, unserer Landwirtschaft schaden könnte.
Auch Pflanzen werden durch die Lichtverschmutzung beeinträchtigt. So gerät ihr Wachstumszyklus durcheinander, sie wachsen schneller oder höher. Was im Gewächshaus durchaus gewollt ist, kann in der Natur zu Problemen führen. Bäume, die in der unmittelbaren Umgebung von Straßenlaternen stehen, verlieren oft später ihre Blätter als ihre Artgenossen. Damit riskieren sie, Frostschäden zu erleiden, die wiederum zu Krankheiten und einer Destabilisierung des Baumes führen können (vgl. ebenda).
Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wie viel ärmer unsere Welt wäre, wenn es die Dunkelheit nicht gäbe. Es ist ja auch im Dunkeln nie wirklich dunkel. Myriaden von Sternen erleuchten unseren Himmel, wenn die Sonne sich zum Schlafen begeben hat. Doch kaum kann man die hellen Punkte am Himmel noch erkennen, weil sie gegen das künstliche Licht unserer Städte und Orte keine Chance haben. Haben Sie schon einmal das leuchtende Band unserer Milchstraße gesehen? Wissen Sie noch, wie schön es war, im Sommer Sternschnuppen zu zählen? An einem natürlichen Sternenhimmel sind ca. 4000 Sterne sichtbar. Über Städten sind es nur noch wenige hundert (vgl. www.lichtverschmutzung.de).
Wäre es schon immer so hell gewesen wie heute, unsere Vorfahren hätten wohl niemals die Planeten unseres Sonnensystems entdeckt und die Sehnsucht nach dem All wäre niemals erweckt worden. Niemand hätte je Bilder in den Sternen deuten können und Zeitbestimmung und Kalendererstellung wären kaum möglich gewesen. Kontinente und Länder wären nie entdeckt worden, wenn man nicht einen Weg gefunden hätte, anhand der Sterne zu navigieren. Viele wissenschaftliche Errungenschaften, die uns das Leben heute erleichtern, hätte es dadurch wohl auch niemals gegeben.
Die Nacht ist eine Welt für sich. Nicht ärmer an Leben als der Tag, nur anders. Nicht so leicht zu durchschauen mit unseren Augen, die das Licht gewöhnt sind.
Ist das der Grund, warum wir solche Angst vor der Dunkelheit haben, dass wir sie auf Gedeih und Verderb vertreiben müssen?
In meinem Heimatort Tostedt gibt es kaum noch Dunkelheit. Wo einst um 22 Uhr jede zweite Straßenlaterne gelöscht wurde, brennen sie alle heute die ganze Nacht hindurch. Und einige von ihnen sogar heller als noch vor wenigen Jahren.
Wo ich als Kind vom Balkon aus noch einen faszinierenden Sternenhimmel betrachten konnte, kann ich heute froh sein, wenn ich den Großen Wagen, den Polarstern oder den Orion überhaupt erkennen kann.
Jede noch so kleine Ecke, sie muss noch nicht einmal wirklich dunkel sein, wird beleuchtet. So wurde gerade vor meinem Haus eine neue Straßenlaterne errichtet, die noch mehr Licht dorthin bringen wird, wo schon längst Licht vorhanden ist. Denn keine fünf Meter entfernt stehen bereits zwei Lampen, die für Helligkeit sorgen.
Wie arm sind schon jetzt unsere Nächte geworden, wie viel ärmer werden sie dadurch noch werden! Auch der Mensch braucht die Dunkelheit!
Dunkelheit sagt unserem Körper, dass es Zeit zum Entspannen ist. Der Tag ist vorbei, wir kommen zur Ruhe, werden Müde, gehen schlafen. Jetzt kann sich der Körper erholen und Kraft tanken für den nächsten Tag.
So hat es die Natur für uns vorgesehen. Aber unzählige Lichtquellen, draußen wie drinnen, verhindern diesen natürlichen Vorgang. Geräte wie Fernseher, Computer und Smartphone verstärken diesen Effekt noch. Schlafstörungen und Stress sind die Folge.
Wir sollten also unsere Angst vor der Dunkelheit wieder abbauen. Weniger Lichtverschmutzung würde unser aller Leben reicher machen. Reicher an der Vielfalt des Lebens, an persönlicher Energie, an Erfahrungen.
Das bedeutet nicht, dass man gänzlich auf künstliches Licht verzichten soll. Straßenbeleuchtung, die Erhellung von Angsträumen u.ä. hat durchaus ihre Berechtigung. Aber man muss es nicht übertreiben. Wir brauchen nicht alle hundert Meter eine Straßenlaterne, zweihundert Meter täten es auch. Und was spricht gegen die Regelung, zu einer bestimmten Uhrzeit jede zweite Laterne abzuschalten, so wie es früher in Tostedt gehandhabt wurde? Es muss ja nicht um zehn Uhr sein, um Mitternacht oder ein Uhr wären auch mögliche Optionen.
In Niedersachsen gibt es Gemeinden, in denen bestimmte, selten genutzte Wege nur noch bei Bedarf erleuchtet werden. Diesen Bedarf bestimmt der Bürger selbst. Per SMS oder App kann er die Lampen bei Bedarf aktivieren. Nach einer festgelegten Zeit erlöschen sie von selbst wieder. So wie Treppenhausbeleuchtung. Der Bürger, der diesen Weg benutzen muss, braucht keine Angst zu haben, und trotzdem spart man viel Energie und gewährt der Natur ihre Nachtruhe. Denn Dunkelheit gehört zum Leben – und ich kann nur hoffen, dass wir sie niemals gänzlich verlieren werden!

Über die Autorin:
Ich bin Schriftstellerin aus Leidenschaft. Schon als Kind habe ich kleine Geschichten verfasst und in der Schule waren mir Aufsätze immer das Liebste. Ich schreibe Kurzgeschichten und Gedichte und habe bereits zwei Jugendbücher veröffentlicht. In meinen Geschichten greife ich häufig soziale und sozialkritische Themen auf, die mich bewegen, und mit denen ich meine Leser zum Nachdenken und Diskutieren anregen möchte.
Das Thema Lichtverschmutzung ist so ein Thema. Es ist eng mit meinem Hobby Naturphotographie verbunden. Denn durch den neuen Blick, den mir meine Kamera auf die kleinen Wesen dieser Welt gewährt hat, habe ich auch angefangen, mich damit zu beschäftigen, wodurch Insekten bedroht werden und wie man sie schützen kann. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Lichtverschmutzung, die meiner Meinung nach leider viel zu wenig Beachtung findet. Deshalb möchte ich sie mit diesem Artikel stärker in den Fokus rücken.

Mehr über mich: www.christinaerdmann.de


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